Kleine weiße Friedenstaube
- MenschheitsFamilie
- 23. Juli
- 4 Min. Lesezeit
Gedanken und Überlegungen
Kleine weiße Friedenstaube
fliege übers Land;
allen Menschen, großen, kleinen,
bist du wohlbekannt.
Fliege übers große Wasser,
über Berg und Tal;
bringe allen Menschen Frieden,
grüß sie tausendmal.
Und wir wünschen für die Reise
Freude und viel Glück;
kleine weiße Friedenstaube,
komm recht bald zurück.
-Erika Mertke-
Ich bin aufgewachsen in stürmischen Zeiten an der Grenze zur Bundesrepublik Deutschland. Direkt im ehemaligen Sperrgebiet, dass bis in die 70er Jahre hinein noch für die Stadt existierte, schwebte über Boizenburg an der Elbe immer eine Wolke von Beobachtung und Gefahr. In den Achtziger Jahren war der Atomkrieg als Folge des Kalten Krieges so naheliegend und greifbar gerade für uns, die nur wenige Kilometer vom "Klassenfeind" entfernt wohnten, dass ich heute noch eine sehr gute Erinnerung an das habe, was wir Kinder in der Zeit durchlebten. Bilder und Erzählungen von Krieg waren so oder so noch durch die Großeltern und Eltern allgegenwärtig - und diese Emotionen, die durch die Geschichten immer wieder an die Oberfläche geholt wurden, fielen durch Propaganda von beiden Seiten der Großmächte auf fruchtbaren Boden.
Ich träumte nachts von Flugzeugen, von Städten in Ruinen, hatte Angst vor Geräuschen, die sich wie laute Motoren in der Luft anhörten - es war schlichtweg ein Trauma, dass wir Kinder dort ertragen mussten und dass uns diese Zeit mit ins Leben gegeben hat. Diese Angst vor lauten knallenden Geräuschen trage ich noch heute in mir und kann sie nicht ablegen.
Es war aber auch eine Zeit, in der wir in der DDR eine sehr starke Erziehung zum Frieden genossen haben. Schon im Kindergarten sangen wir die "Kleine weiße Friedenstaube" und schrieben Briefe nach Nicaragua und Angola, um die Kinder dort zu grüßen, die sich gerade von ihren Diktatoren und Regimes befreit hatten und nun einen friedlichen Weg im Bündnis mit den sozialistischen Ländern der Welt und mit den Ideen, die vom kommunistischen Gedanken und Menschenbild getragen wurden, gehen wollten.
Dass dieses kommunistische Weltbild real nie so existierte, wie es vielleicht einmal von Marx und Engels diskutiert worden ist, steht auf einem anderen Blatt geschrieben - was uns jedoch geblieben und was immer noch tief in uns ostdeutschen Kindern verwurzelt ist, ist der gemeinschaftliche Grundgedanke des Zusammenlebens in einer von Frieden und Völkerverständigung getragenen Welt.
Wenn ich mir anschaue, was seit vielen Jahren durch den sogenannten "Wertewesten" in die Welt getragen wurde, wieviel Elend, Leid und Zerstörung wir auf dem Gewissen haben, wieviel Verantwortung wir tragen für zerstörte Kulturen, gespaltene Gesellschaften und sich gegenseitig verhasste Volksgruppen und Familien - dann wird mir ganz schwindelig im Kopf.
Seit einigen Jahren beschäftige ich mich sehr intensiv mit einer ganz persönlichen Aufarbeitung der Geschichte und Geopolitik der letzten Jahrzehnte. Das ist Teil meines aufgewühlten Inneren, meines Gerechtigkeitssinnes, den ich schon in die Wiege gelegt bekommen habe und der in all den Jahren meines Aufwachsens in der Welt, in der ich maßgeblich geprägt wurde, gehegt und gepflegt wurde. Dieser 7. Sinn - wie ich ihn vielleicht auch bezeichnen würde - ist kein Geschenk in der heutigen Zeit - denn was wir in den vergangenen Jahren an Propaganda und Narrativen aus der Politik des Westens aushalten und schlucken mussten und mittlerweile in einer Taktung auf uns losgelassen wird, dass einem die Luft in der Brust nahezu abgeklemmt wird, ist kaum noch zu ertragen.
Mittlerweile lebe ich in einer Blase, die aufgrund von Zugang zu vielen Informationen, die im öffentlichen Diskurs kaum oder gar nicht stattfinden, ein gänzlich anderes Weltbild hat, als die Mehrzahl der Menschen, die in unserem Land leben, so dass auch das zu einem zunehmenden Druck und einer "Entsozialisierung" führt. Für Michael Andrick ist es die Spaltung der Gesellschaft - und für mich ist dieser Zustand ein innerer Auftrag, das ungute Gefühl und diese Blasenbildung wieder loszuwerden. Der Mensch ist ein soziales Wesen - wir brauchen andere Menschen und soziale Systeme, in denen wir uns wohl und sicher und aufgehoben fühlen.
Wir brauchen Zugehörigkeit und keine Einteilung in Gut und Böse, wir brauchen niemanden, der uns sagt, wen wir zu bekämpfen und zu hassen haben. Wir brauchen keine Sanktionen gegen Rußland, gegen den Iran oder gegen irgendein Land auf dieser Welt, bloß weil uns die Art und Weise des Zusammenlebens und die politische Landschaft dort nicht passt! Wir brauchen keine wirtschaftlichen und politischen Eliten, die den Sinn ihres Lebens darin sehen, Menschen zu manipulieren, um ihre egozentrischen Machtspiele ausüben zu können, damit sie wieder mit einem zufriedenen Blick und prall gefüllten Geldbeutel nachts schlafen können. Wir brauchen keine EU, die uns sagt, welchen Fernsehsender wir anschalten dürfen und welches Radio nicht. Wir brauchen keine Journalisten, die uns jeden Tag predigen, welche Dikatoren wir zu lieben und welche wir zu hassen haben. Wir brauchen keine Partei, die Politik nur für die macht, die ausreichend Spenden und Einfluss übersenden. Wir brauchen keine Marionetten an der Spitze unseres Landes, die verbindende menschlichen Werte und Überzeugungen zugunsten von Gier und Mißgunst schon lange entsorgt und sich von ihnen verabschiedet haben.
Schaue ich mir dieses, mein Land aktuell an, dann kommen Erinnerungen an eine Zeit in mir hoch, die ich so nicht mehr haben möchte. Wir sind kriegsblind geworden, wir ignorieren als Gesellschaft fast komplett, dass hier in Europa etwas passiert, was uns allen zum Verhängnis werden wird! Wir denken, wir werden schon davon kommen und können eh nichts machen, vielleicht fallen die Bomben auch nicht auf mein Haus, vielleicht müssen meine Kinder nicht an die FRONT, vielleicht kann ich mein Leben doch so weiter führen wie bisher und zu richten haben das doch sowieso die anderen. Ich bleibe in meiner Blase und schaue von ganz oben darauf hinab. Vielleicht werde ich aber auch da oben zuerst abgeschossen - das Leben ist nicht gnädig und vergibt nicht, wenn es hart auf hart kommt. Wer heute ein friedliches Morgen möchte, der darf nicht darauf warten, dass es von alleine kommt. Der ist in der Pflicht sich und seinen Kindern und Kindeskindern gegenüber dem Entgegenzutreten, was sich uns als großer mächtiger Drache entgegenstellt: Ein System, geprägt von Raffgier und Geltungsbedürfnis, dass so zumindest in MEINEM Herzen keine Platz hat und nie einen haben wird!!!
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