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Gastbeitrag: Salohea

Menschen wieder in ihre Kraft bringen


Mit Salohea haben Heiko und Katja Fauth in Rumänien einen Ort der Heilung geschaffen

 

Drei Anläufe hat es gebraucht, nun ist es endlich soweit: Gespannt warten wir am verabredeten Treffpunkt, am Rande einer dieser typisch rumänischen Schlaglochstraßen, bis plötzlich Katja Fauths dunkler Volvo aus einer Staubwolke auftaucht. Gut gelaunt steigt die 55Jährige aus dem Auto. Heute wird sie uns ihr Herzensprojekt zeigen: Salohea, ein Refugium für Menschen und Tiere, das sie vor einigen Jahren gemeinsam mit ihrem Mann Heiko, 54, mitten in Transsylvanien, irgendwo zwischen Brasov (Kronstadt) und Sibiu (Hermannstadt) ins Leben gerufen hat. Dreimal mussten sie unsere Treffen kurzfristig absagen, weil, so Heiko, mal wieder „Land unter“ ist. Gleich mehrere Helfer hatten überraschend abgesagt, ein Hengst bricht immer wieder aus und ein seltsames Welpensterben macht ihnen Sorge. Nebenbei müssen sie ihren Umzug in der Stadt organisieren. „Wir können gerade nichts planen“, sagt Heiko, und beschreibt damit wohl eher einen Dauerzustand, der die Tage für ihn und seine Frau stets im Morgengrauen beginnen und spät abends enden lässt. Während die kranken Junghunde wegen der Ansteckungsgefahr zuhause gepflegt werden, müssen die Tiere auf dem Gelände mit Wasser und Futter versorgt werden – alleine 150 kg Trockenfutter brauchen die Hunde jeden Tag. Das alles muss besorgt und transportiert werden, hinzu kommt die Versorgung mit Wasser, die Kontrolle und Reparatur von Zäunen und Leitungen und, wie jetzt im Frühling, die hormonell bedingten Eskapaden eines ihrer Hengste.

 

Da vor kurzem auch noch der Geländewagen zusammenbrach, geht es von unserem Parkplatz rund zwei Kilometer zu Fuß weiter. Je tiefer wir in die Stille und Schönheit des Tals vordringen, desto mehr spüren wir die Kraft dieses Ortes, die wohl auch Heiko und Katja bislang vorm Aufgeben bewahrt und schon viele andere Menschen verzaubert hat. Wie zum Beispiel den spirituellen Lehrer und Influencer Kai Brenner, der hier seit dem vergangenen Jahr mehrtägige Kakao-Retreats veranstaltet. Oder Theo, eine junge Rumänin, die vor anderthalb Jahren als Helferin für einige Wochen anheuerte und seitdem dauerhaft in der Jurte mitten auf dem 15 Hektar großen Gelände, eingebettet von Wäldern, Feldern, Wiesen und sanften Hügeln lebt.

 

Der Ort macht was mit den Menschen

 

Gegen alle Widrigkeiten, getragen von ihrer tiefen Liebe zu Natur, Menschen und Tieren halten die Fauths hier ihre Vision am Leben: Einen Ort der Heilung schaffen, nicht nur für Tiere, sondern auch für Menschen und Natur.  Nicht umsonst heißt Salohea übersetzt soviel wie Zufluchtsort oder auch Heiligtum (Sanctuary) für Liebe (Love) und Heilung (Healing). „Die Menschen brauchen ein neues WIR, statt in der Angst zu leben“, ist Heiko überzeugt. Heiko und Katja beschäftigten sich bereits in Deutschland mit alternativen Heilmethoden, gaben Seminare und Workshops zu ätherischen Ölen, essbaren Wildpflanzen und Heilkräutern sowie Themen wie Permakultur oder Geomantie. Ihre Erfahrungen möchten sie auch hier in Rumänien weitergeben. Perspektivisch möchten sie einen Ort der Bildung schaffen, um auch schon Kinder, jenseits staatlicher Bildungspläne, mit dem fürs Leben wertvollen Wissen zu versorgen. Eine Schulpflicht gebe es in Rumänien nicht. Doch das ist Zukunftsmusik. Idealerweise wären die Menschen erstmal einen ganzen Monat, „eine komplette Mondphase“, hier, um wieder in Kontakt mit sich und der Natur zu kommen“, meint Heiko. Auch wenn die meisten Besucher bereits nach kurzer Zeit verändert seien. „Der Ort macht was mit ihnen“, so Heiko. Die Erdenergie sei hier besonders stark. Schon nach wenigen Stunden auf dem Gelände wird auch für uns erlebbar, wovon er spricht.

 

„Tiere sind in Rumänien nichts wert.“

 

Gefunden hatten die Fauths diesen besonderen Ort nach jahrelangen Reisen durch Europa, auf der Suche nach einer echten Alternative zu ihrem Leben in Deutschland. Die einzigartige fruchtbare, tief schwarze Erde, die Biodiversität, die ursprünglichen, natürlichen Wälder ließen sie nicht lange zögern. Mit zwei LKW und zwei Anhängern siedelten sie sich und ihre 22 Pferde und zwei Hunde 2019 aus Süddeutschland um. Im Laufe der Jahre kauften sie gezielt alte, vom Aussterben bedrohte Pferderassen hinzu. Heute kümmern sie sich voller Liebe und Hingabe um rund 160 Hunde und 60 Pferde, dazu kamen mit der Zeit zahlreiche Hühner, Esel und Ziegen. Die meisten Hunde retteten sie von der Straße. „Tiere sind in Rumänien nichts wert“, sagt Katja und tatsächlich begegneten auch uns während unserer Touren durch die Landschaft tagtäglich kranke oder sogar tote Hunde und Schafe, die von Schäfern einfach auf dem Feld liegen gelassen werden. Und weil es schwerfällt, wegzusehen, kann Heiko die Frage nach einer Obergrenze für die Aufnahme neuer Hunde nicht klar beantworten. Überlebensfähige Tiere in Not werden mitgenommen. Bei Salohea werden sie nicht nur versorgt und aufgepäppelt, sondern auch eingesetzt, um Menschen zu helfen, ihre Ängste zu überwinden und wieder mit sich in Kontakt zu kommen.

 

Helfer werden dringend gebraucht

 

Schon bald soll Salohea Anlaufstelle für junge Erwachsene werden, die sich für das Wanderjahr der Genossenschaft „Menschlich Wirtschaften“ angemeldet haben. Sechs bis neun Wochen werden die 18- bis 25-jährigen „Wanderlinge“ innerhalb von Praktika eintauchen in Tierversorgung, Zäune bauen und was sonst noch anfällt. Helfende Hände können Heiko und Katja gut gebrauchen. Aber auch sonst fehlt es an Mitteln – Geld für Infrastruktur, damit Helfer und Gäste vor Ort bleiben können, statt, wie derzeit noch, in der nächsten Stadt unterkommen müssen. Aktuell finanziert Heiko, der vor über 20 Jahren als Polizist im Katastrophenschutz arbeitete und schließlich im IT-Bereich tätig wurde, das Projekt allein mit seiner Arbeit am Bildschirm, um die er sich im Moment nur nachts kümmern kann.

Nur gut, dass die Söhne Simon und Elias immer wieder unterstützend dabei sind. Beide lernten schon in der Schule, sich in der Wildnis zurechtzufinden. Ihr Wissen bringen die beiden, mittlerweile 30 und 28, vor Ort ein.

 

Während wir immer weiter ins Zentrum von Salohea vordringen, macht uns Katja mit einigen Verhaltensregeln gegenüber allzu stürmischen Vierbeinern vertraut. Ein klares und deutliches „Nein!“, wenn es uns zu viel wird und, wenn es sein muss, mit einem Stock, natürlich ohne Gewalt, sanft Grenzen setzen. Kurz darauf stürmt die schwanzwedelnde, fröhlich bellende Horde auf uns zu, einen Augenschlag später hat sich einer ihrer Schützlinge den begehrten Platz auf ihrem Arm gesichert. Der kleine Chihahua wird uns als „Mr. Wiggle“ vorgestellt. „Jeder Hund bekommt von uns einen Namen“, erzählt Katja. Stirbt ein Tier, wird es begraben, das gilt auch für Pferde, für deren Grab ein Bagger drei Meter tiefe Löcher schaufelt – auch all dies ein Ausdruck ihres innigen Verhältnisses zu den Tieren.

Im Herzen von Salohea angekommen, winkt Heiko seine Frau zu sich. „Schichtwechsel“, ist das Stichwort auf das Katja in Richtung Pferdeweide verschwindet. Während sie den wilden Hengst beruhigt, sind wir für die nächsten Stunden auf uns gestellt. Unser Auftrag:  Welpen streicheln. Während die felligen Körper mit den feuchten Nasen um unsere Aufmerksamkeit buhlen, suchen wir gedanklich bereits nach Möglichkeiten wenigstens einem dieser Findlinge ein neues Zuhause zu bieten. Rund drei Wochen braucht Katja, um einen Hund mit Papieren für die Ausreise auszustatten. Neben dem Aufbau des Seminarbetriebes gehört auch eine organisierte Vermittlung der geretteten und aufgepäppelten Hunde zu den wichtigsten Anliegen der beiden. Aber jemanden zu finden, dem sie vertrauen können, ist kein leichtes Unterfangen.  

 

Eine große Aufgabe

 

Als Katjas Silhouette nach mehreren Stunden am Horizont der Felder wieder auftaucht, ist der Abend bereits angebrochen. Völlig ohne Zeitgefühl, hatten wir die Welt jenseits von Salohea vergessen. „Wir leben hier wie auf einem eigenen Planeten“, sagt Katja und trifft damit unser aktuelles Lebensgefühl, bevor es wieder zurück über das Gelände zu unseren Autos geht. Nach und nach lassen wir die Hunde zurück, die uns nicht gehen lassen wollen, und verlassen den staubigen Parkplatz mit unserem Mietwagen. Wachgerüttelt von den Schlaglöchern, vorbei an herrenlosen Hunden und leerstehenden Häusern erinnern wir uns an die andere Seite von Rumänien. Kaum vorstellbar, aber auch hier ist die Natur bedroht, auch hier lassen menschliche Gier und Korruption die Zerstörung einzigartiger, weitgehend unberührter Urwälder zu. Heiko und Katja haben eine große Aufgabe. Und auch wenn sie die Welt nicht retten können, so leisten sie doch einen wertvollen Beitrag, diese wenigstens etwas zu verbessern.  

 

Von Daniela Aue-Gehrke

 

Wenn du Salohea unterstützen möchtest, kannst du:

 

-       dich mit einer Geldspende am Crowdfunding beteiligen: https://www.gofundme.com/f/salohea

-       dich als Helfer (für mindestens zwei Monate) vor Ort anmelden.

-       helfen, Hunde nach Deutschland zu vermitteln.

-       Infos über Salohea an Interessierte weitergeben.

 

Kontakt: info@salohea.org. Tel.: 0040-771/409593

Weitere Infos: www.salohea.org

 



 

 

 

 

 
 
 
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