top of page

„Lasst euch das Denken nicht abnehmen!“

Gabriele Krone-Schmalz im Austausch mit Jugendlichen über die Rolle von Journalismus in der Demokratie


Ukrainekrieg, Wehrpflicht, Klimawandel – Themen wie diese beherrschen nicht erst seit gestern die Medienlandschaft. Doch während Presse, TV und Radio sich in Dauerschleife mit Beiträgen dazu überbieten, sind wir vor allem eins nicht: Gut informiert. Aber eine gesunde Demokratie braucht „mündige Bürger“, findet Gabriele Krone-Schmalz. Und dabei spielen nun mal Journalisten eine wichtige Rolle. Geht es um die Bedeutung der Medien für die Meinungsfreiheit, hat die Publizistin eine klare Haltung. Unermüdlich positioniert sich die ehemalige ARD-Korrespondentin und Russlandexpertin in Büchern, Interviews, Vorträgen und Medienbeiträgen zum Zustand von Demokratie, Meinungsfreiheit und (Un-)Wahrheiten rund um den Russland-Ukraine-Krieg. Am heutigen Vormittag geht es ihr um die junge Generation. „Die Jugend wird indoktriniert, nicht informiert“, ist sie überzeugt. Genau deswegen steht die 76-Jährige an diesem Vormittag einer kleinen Gruppe Jugendlicher Rede und Antwort. Acht Schülerinnen und Schüler der Freien Oberschule Bad Belzig sitzen der Journalistin in einem kleinen Raum gegenüber. Für den Austausch mit der Medien- und Russlandkennerin sind sie heute auf eigenen Wunsch aus dem Fläming nach Berlin-Mitte angereist.


Erstmal „null Reaktion“


Die Idee zu der Begegnung entstand im März 2024 nach einem Vortrag von Krone-Schmalz im Gespräch mit Organisatorin Daniela Schramm. 80 Berliner und Brandenburger Schulen lud Schramm ein, auf ihre Briefe kam erstmal „null Reaktion“. Dass am Ende doch noch das Treffen, wenn auch in kleiner Runde, zustande kam, ist einem persönlichen Kontakt von Angelika Wagener, der Mutter einer der Jugendlichen, zum Schulleiter sowie dem Engagement von Gewi (Gesellschaftswissenschaften)-Lehrerin Mara Popko-Löffler zu verdanken, die sich gegen ein Veto aus dem Kollegium durchsetzte. „Ich sah in der Begegnung eine große Chance für die Jugendlichen, neue Perspektiven kennenzulernen.“  

Gespannt und konzentriert lauschen die 14- bis 16-Jährigen dem Vortrag, der sich rund rund anderthalb Stunden lang um die Macht von Sprache, die Rolle der Wahrheit und der Bedeutung von Qualität im Journalismus dreht.


Die Wortwahl macht den Unterschied


„Seid skeptisch und lasst euch das Denken nicht abnehmen. Überlegt genau, woher eine Info kommt und welches Interesse damit verfolgt wird.“ Immer wieder schickt Krone-Schmalz einen Appell in die Runde. Es mache einen Unterschied, wenn Journalisten Trump als „Präsident“ und Putin als „Machthaber“ bezeichnen, ob ein Land „kriegstüchtig“ oder „verteidigungsfähig“ sein soll oder ob von „Freiheitskämpfern“ oder „Terroristen“ die Rede sei, so Krone-Schmalz. Geht es um Berichte von der Lage an der Front zwischen Russland und Ukraine werde in Medienberichten meist auf „ukrainische Quellen“ verwiesen, während Informationen aus Russland schlicht als „Propagandaberichte“ abgewertet werden. Oft werden im Zuge der Berichterstattung nicht alle Seiten gehört, stattdessen präsentieren Journalisten vorgefertigte Meinungen. Doch „zu sagen, was richtig oder falsch ist, sollte man mündigen Bürger überlassen. DIE eine Wahrheit gibt es nicht,“ stellt Krone-Schmalz klar und ergänzt: „Jugendliche werden indoktriniert, nicht informiert.“

Das wollen zumindest einige der Anwesenden heute nicht so stehen lassen, das Bedürfnis nach Hintergrundwissen ist groß. Fragen machen die Runde, Krone-Schmalz antwortet auf Augenhöhe.

„Was wäre gewesen, wenn die Ukraine in die Nato eingetreten wäre?“ will zum Beispiel Taylor, 15, wissen. „Dann hätte es vorher geknallt“, erwidert Krone-Schmalz.

Und Gustav, 15, interessiert, „warum Pistorius die Wehrpflicht will. Krone-Schmalz: „Die Waffenindustrie hat Oberwasser, die Firmen versuchen, auf die Politik Einfluss zu nehmen.“

„Was sagen Sie dazu, dass russische Jets den Luftraum verletzt haben?“, fragt Jonas, 14. „Das kann sein, aber einige Angaben dazu stimmen nicht.“ Für Krone-Schmalz ist das „Verdachtsberichterstattung“.


Meinungsfreiheit erfordert Mut


 Am Ende geht es noch um weitere große Themen, wie die Rolle der Nato, die militärische Stärke von Russland und USA, das Verhältnis zwischen G7 und BRICS-Staaten, aber auch um die Frage, wo und wie man sich richtig informiert. Das Bedürfnis nach Wahrheit ist groß. „Informiert euch umfassend. Traut euch, Fragen zu stellen, zu diskutieren und eure Meinung zu sagen“, ermuntert die erfahrene Journalistin die Zuhörer und empfiehlt noch die „Nachdenkseiten“ als Beispiel für ausgewogene Darstellungen. Meinungsfreiheit erfordere Mut. Wenn es immer weniger Themen gibt, über die diskutiert wird, sei die Demokratie in Gefahr, betont Krone-Schmalz.

Lehrerin Mara Popko-Löffler freut sich schon auf die Nachbereitung im Unterricht. Jetzt sei die Zeit für Referate und Projektarbeit. Die Jugendlichen können sich die Themen aussuchen. „Ich bin gespannt, was da kommt.“

Wenn es gut läuft, könnte es schon bald weitere Gelegenheiten für ähnliche Begegnungen geben. Daniela Schramm und Krone-Schmalz schmieden bereits Pläne. Krone-Schmalz ist die Arbeit mit jungen Menschen ein Herzensanliegen. „Respektvoll streiten kann man lernen, am besten so früh wie möglich“, betont sie. Heute wurde ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung getan.


Text: Daniela Aue-Gehrke


ree

ree

 

 

 

 

 


 
 
 
bottom of page